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  • Writer's pictureMaja Büttner

Praktikum an der Secundaria in Mal Paso // #22

Hi!


Heute gibt es den Blogeintrag zu meinem Praktikum an der Sekundarschule (7. -11. Klasse) in Tingo Mal Paso.


Wer meine letzten beiden Posts gesehen hat, weiß, dass meine zweite Woche dort von einem Brand überschattet wurde, bei dem fünf Familien ihre Häuser und alles, was sie besaßen, verloren haben. Lena (eine Mitfreiwillige und Freundin von mir, deren Einsatzstelle die Schule in Mal Paso ist – vgl. „Gastbeitrag“) und ich haben daraufhin einen Spendenaufruf organisiert. Alle wichtigen Informationen dazu sind auf meinem Blog zu finden. Die Spendensammlung läuft noch und wir freuen uns nach wie vor sehr über jeden, der helfen kann.


In Lenas Gast-Blogbeitrag gab es ja schon einige sehr spannende Informationen zum Dorf Tingo Mal Paso, den Menschen dort, den Lebensbedingungen und dem Einsatzplatz an der Secundaria.


Jetzt kann man sich natürlich fragen, wie es mich ausgerechnet dorthin verschlagen hat, wo meine eigene Einsatzstelle auf den ersten Blick ja eher weniger mit Schulen zu tun hat. Wer aber meinen letzten regulären Blogpost gelesen hat, dürfte schon Bescheid wissen.

Hier aber trotzdem ein kurzer Recap: Nachdem ich die ersten Monate in der Municipalidad in Oxapampa gebraucht habe, um mich einzugewöhnen und alles ein bisschen näher kennenzulernen und nach meiner einmonatigen Reise im Januar hat mich das Zwischenseminar im Februar noch mal motiviert, mehr Eigeninitiative zu zeigen, mehr eigene Vorschläge zu bringen und selbst dafür zu sorgen, dass die kommenden Monate spannender und herausfordernder werden. Ich wusste auch, dass ich sehr gerne mal eine andere Einsatzstelle kennenlernen würde, am liebsten bei einer befreundeten Mitfreiwilligen und habe dann überlegt, wie ich meinen Job hier in Oxapampa mit einem anderen Projekt verbinden könnte.

Da lag Umweltbildung eigentlich sofort auf der Hand und das war ohnehin ein Thema, von dem ich mir sehr gut vorstellen konnte, dass es zu mir und meiner Einsatzstelle im Biosphärenreservat passt.

Langer Rede kurzer Sinn: Ich habe den Vorschlag gemacht, meine Chefin und Kollegen fanden ihn gut, ich habe angefangen, Unterrichtsstunden vorzubereiten und dann wollte ich einige dieser Stunden erst mal in Tingo Mal Paso testen, um zu sehen, wie ich mit meiner Zeitplanung hinkomme, ob die Arbeitsblätter machbar sind und was die Schülerinnen und Schüler generell davon halten. Diese Vorgehensweise hatte den Vorteil, dass ich die Unterstützung von Lena hatte, die die Schule, ihre Lehrer*innen und Schüler*innen schon gut kannte und mir ein bisschen unter die Arme greifen konnte. Außerdem wusste ich so schon vorher aus Lenas Erzählungen, dass die Kids wirklich nett und geduldig sind, was mir die Angst genommen hat, was meine ausbaufähigen Spanischkenntnisse betrifft.


Jetzt werde ich aber chronologisch vorgehen: Am Samstag vor fast 3 Wochen bin ich vormittags nach Pozuzo gefahren. Sonntag Mittag bin ich von dort aus mit Lena auf einer überfüllten Camioneta nach Mal Paso aufgebrochen, wobei sie behauptet, dass sie schon mal mit 16 Peruaner*innen (wir waren an dem Tag nur 10) auf so einer Ladefläche auf derselben Strecke unterwegs gewesen wäre.


Lena wohnt oben im Dorf in einem Haus direkt neben der Schule. Unten wohnt eine Familie mit zwei Kindern, oben gibt es vier kleine Zimmer, die jeweils an Lehrer*innen vermietet werden. Draußen gibt es ein betoniertes Waschbecken, was sich alle Bewohner*innen, Menschen, Hühner, Frösche und Kakerlaken zum Zähneputzen und Wäsche waschen teilen, genau wie die Klo-Und-Dusch-Kabine. Die Zimmer sind natürlich Welten entfernt von dem, was ich in Oxapampa gewöhnt bin. Verputzte Wände gibt es nicht, auch keine Glasfenster (das soll aber noch kommen) und der Boden besteht aus Holzlatten, auf denen man vielleicht besser nicht zu sehr herumhüpfen sollte. HIIT-Workouts also besser in den Garten verlegen. Nachdem es in dem Raum nur ein Bett gibt, habe ich zwei Wochen lang mit meinem Schlafsack auf einer Yoga-Matte auf dem Boden geschlafen, was jetzt aber unangenehmer klingt als es war. Viel mehr gestört haben mich die Unmengen an Insekten, insbesondere Mücken, aber dazu später mehr.

Nachdem wir unsere Sachen bei Lena daheim abgeladen haben, ging es direkt wieder runter ins Dorf, wo der zweite Freiwillige, der in Tingo Mal Paso arbeitet (im Bereich ökologische Landwirtschaft) seine Unterkunft hat. Lena hat keinen Zugang zu einer Küche, dort, wo sie wohnt, deshalb teilen die beiden sich dort einen Gaskocher. Der wird in erster Linie zum Wasserabkochen benötigt, denn das Leitungswasser kann man in Peru nicht trinken und in Mal Paso hat niemand einen eingebauten Wasserfilter. Dauerhaft Wasser in Plastikflaschen zu kaufen ist nicht nur unökologisch, sondern auch sehr teuer. Daher haben wir uns am Sonntagnachmittag direkt ans Wasserabkochen gemacht. Das Wasser sollte man am besten schon mindestens 24 Stunden vorher in einen Eimer abfüllen, damit sich der grobe Dreck absetzen kann. Dann kann man es vorsichtig in die Töpfe abschöpfen und zum Kochen bringen. Mindestens zehn Minuten lang sollte es auch tatsächlich kochen, um es trinkbar zu machen. Das scheint auch immer geklappt zu haben, jedenfalls hatte ich kein einziges Mal Bauchschmerzen. Aber wie viele Parasiten wir Freiwillige letztendlich haben, werden die meisten von uns wohl erst bei unserer Tropenuntersuchung nach unserer Rückkehr erfahren. Bisher weiß ich nur von einem von uns, dass er einen Parasiten hatte und das muss sehr schmerzhaft gewesen sein, weshalb er es auch selber und schon während des Jahres gemerkt hat.

Wie dem auch sei, das Wasserabkochen hat jedenfalls immer gut geklappt, auch wenn es ein bisschen nervig und zeitaufwendig ist. Die Wartezeit kann man sich aber zum Beispiel mit einem Suchspiel vertreiben - „Wer findet das Loch, durch das die Ratten immer reinkommen?“, – denn Lena und ihr Mitfreiwilliger haben sogar Haustiere! Die sind leider noch nicht handzahm und vor allem nicht so ganz erwünscht, aber dafür ist man immer in guter Gesellschaft. Unglücklicherweise gibt es gelegentlich einige Kommunikationsschwierigkeiten, weil diese Mitbewohner sich beharrlich weigern, hin und wieder auch mal das Aufräumen und Badputzen zu übernehmen, keine Miete zahlen und ständig ungefragt am Essen ihrer Mitbewohner herumknabbern.

Bei Lena oben gibt es zum Glück keine Ratten, da muss man sich nur darauf einstellen, dass man, wenn man morgens im Halbschlaf auf Toilette möchte, Hühnern gegenübersteht, die es sich in der Dusche und neben dem Klo gemütlich gemacht haben. Es wurde zwar etwas eng, aber wenn man kein Problem damit hat, auf dem Klo von drei Hennen angestarrt zu werden, kann das auch eine ganz lustige Erfahrung sein. Außerdem sollte einem Huhn von Welt natürlich auch Zugang zu Sanitäranlagen ermöglicht werden. Auch die Frösche, die dort oben leben, sind augenscheinlich sehr hygienebewusst, denn einmal ist einer während des Duschens unter dem Wasserstrahl an mir vorbeigehüpft.


Am Sonntagabend habe ich dann übrigens noch kurz den Direktor der Secundaria kennengelernt und wir haben kurz über das Umweltbildungsprojekt gesprochen.


Montagmorgen, am ersten Tag meines Praktikums, sind Lena und ich zunächst wieder runter ins Dorf gelaufen, wo es für die Lehrerinnen und Lehrer die Möglichkeit gibt, bei einer Familie für 10 Soles am Tag Frühstück und Mittagessen zu bekommen. Vegan wurde es zwar nicht, aber das Konzept „vegetarisch“ hat die Frau des Hauses auf jeden Fall verstanden und es hat immer sehr gut geschmeckt! Auch wenn es für mich erst ein bisschen gewöhnungsbedürftig war, Reis, Yucca, Gemüse und Spiegelei zu frühstücken. Besonders speziell ist meiner Meinung aber der Kaffee. Zitat eines Mitfreiwilligen: „Wenn du den Kaffee noch schmecken kannst, dann machst du was falsch!“ Damit bezog er sich auf den Zuckergehalt des Getränks. In den Dörfern, die ich hier bisher besucht habe, wird so viel Zucker in den Kaffee gemacht, dass er wirklich kaum noch nach Kaffee schmeckt. Und heiß ist er auch nur morgens, denn den kalten Rest gibt es dann zum Mittagessen dazu. Aber Koffein ist trotzdem drin, drum hab ich ihn natürlich getrunken. Und man gewöhnt sich dran!


An den ersten beiden Tagen in der Schule habe ich mich mit den Lehrerinnen unterhalten, die „Wissenschaften“ unterrichten, denn die Idee war, mein Umweltbildungsprojekt in diese Stunden zu legen. Das hielten die beiden auch für eine gute Idee und wir haben uns für die 1.-4. (also 7.-10.) darauf geeinigt, jeweils ein Thema zu nehmen (je nach Schwierigkeitslevel) und in der 5. (also 11.) zwei Themen. Für die erste Klasse gab es „Biosphärenreservate und das BIOAY“, für die zweite „Ökosystem Selva“, für die dritte „Ressourcen und Nachhaltigkeit“, für die vierte „Klimawandel – Ursachen und Folgen“ und für die fünfte ebenfalls das Thema zum Klimawandel und das zu den Ressourcen. Wir haben dann auch gleich die entsprechenden Tage festgelegt, aber das wurde letztendlich noch mal ein bisschen umgeschmissen, auch weil am Tag des Brandes die Schule ausgefallen ist.


Die Tage, an denen ich keinen Unterricht hatte, aber ich genutzt, um mich vorzubereiten, mir Notizzettel zu schreiben und die Arbeitsblätter auszudrucken, was gar nicht so einfach war, weil nur der Drucker des Direktors wirklich Farbe drucken konnte und man nur manuell beidseitig drucken kann. Ab und an ist außerdem der Strom ausgefallen und dann ging natürlich gar nichts mehr.

Auch die Tatsache, dass nur die Familie, bei der Lena sich eingemietet hat, WLAN hat und dass das wiederum nur bis in die Hälfte der Klassenräume reicht, hat uns in der Planung vor ein Problem gestellt, denn jede meiner Stunden beinhaltet mindestens ein kurzes Youtube-Video. Wir haben die dann letztlich heruntergeladen, was zwar dazu geführt hat, dass die Videos nicht innerhalb der PowerPoint abgespielt werden konnten und wir Fenster wechseln mussten, aber das hat funktioniert.


Das Unterrichten selber hat dann auch überraschend gut funktioniert. Größere Probleme gab es nur hin und wieder mit der Technik. Die Schule hat nur einen Beamer, aber das war insofern kein Problem, als dass den sowieso keiner benutzt und wir ihn daher haben konnten. Weil mein Laptop keinen HDMI-Anschluss hat, haben wir Lenas genommen, aber auch damit hat es beim ersten Versuch recht lange gedauert, bis alles aufgebaut war. Vor lauter Sorge, dass ich zwischendurch nicht mehr wissen würde, was ich sagen wollte, hatte ich mir in der Vorbereitung fast einen Fließtext aufgeschrieben, um die Stunde zu moderieren. Das wäre aber gar nicht wirklich nötig gewesen, glaube ich. Am Anfang hab ich mich vielleicht ein bisschen zu sehr an den Notizen festgehalten, aber das wurde dann immer besser. Ich bin echt positiv überrascht von mir und ich hab auch das Gefühl, dass die zwei Wochen Praktikum meinem Spanisch viel gebracht haben. Je mehr man redet, desto besser wird es.

Während der Stunden in Mal Paso habe ich gemerkt, dass ich die Einheiten an manchen Stellen besser noch ein bisschen kürzen sollte, damit es nicht zu stressig wird. Außerdem wurde deutlich, dass ein Spiel zwischendurch der Stunde und der Motivation der Schüler*innen sehr guttut. Wobei ich bei diesen Spielen (es waren Ratespiele, bei denen es Lollis zu gewinnen gab) auch gemerkt habe, dass es den Kids zum Teil an Übung im logischen Denken fehlt. Das klingt jetzt vielleicht hart, aber ich finde, dass man von 9. Klässlern schon erwarten kann, dass sie, wenn es darum geht, aus welchen Energiequellen Peru seinen Strom bezieht und wenn sie schon wissen, dass 61 % aus Kohlekraftwerken kommt, darauf kommen, dass bei Frage 2 nicht 100 % des Stroms aus Atomkraftwerken kommen kann. Auch hat man teilweise deutliche Unterschiede beim Wissensstand der Schüler*innen gemerkt, die bestimmt auch durch die Corona-Pandemie bedingt sind. Ein Highlight gab es noch: Es ging am Ende der eine Stunde darum, was man tun kann, um nachhaltiger bzw. umweltfreundlicher zu leben, und ich hatte gerade etwas zum Treibhausgasausstoß im Zusammenhang mit Rindern gesagt und meinte dann, dass es deshalb sinnvoll ist, zu hinterfragen, wie viel Rindfleisch man konsumiert. Lena hat dann hinzugefügt, dass auch Milchprodukte natürlich von Kühen kommen und man sich überlegen sollte, ob man da nicht hin und wieder auch drauf verzichten kann. Daraufhin haben wir über die Herkunft solcher Produkte gesprochen und dass es im Zweifelsfall immer noch besser ist, Milchprodukte aus der Region bzw. aus dem eigenen Dorf zu konsumieren, als die Milch, die man in Dosen abgepackt kaufen kann, ohne zu wissen, woher sie kommt. Dazu muss man wissen, dass diese Dosen alle von der Marke „Gloria“ sind. Da meinte doch einer der Schüler tatsächlich, dass es doch eigentlich besser sein müsste, die Gloria-Milch zu trinken, weil da ja nicht wirklich Milch drin wäre. Höchstens so 5%. Der Rest sei irgendwas anderes. Tja – da könnte er natürlich recht haben, aber ob es dann so wünschenswert ist, das Zeug zu trinken…

Insgesamt waren sie alle wirklich sehr lieb und interessiert, auch wenn die Jüngeren wirklich schüchtern waren zum Teil und obwohl selbst die Ältesten nichts gesagt haben, wenn sie bei einer Aufgabe nicht wussten, was sie tun sollen, was ein bisschen anstrengend war.






Na ja, ansonsten war ich auch in Mal Paso regelmäßig Joggen, was streckenmäßig eine sehr nette, aber auch sehr bergige Abwechslung war (die Aussicht war aber der Hammer), ich war mit Lena spazieren und am Wochenende waren wir nochmal in Pozuzo, wo ich es sehr genossen habe, für zwei Nächte in richtiges Bett zu haben.



Außerdem gab es am Freitag in der ersten Woche noch eine Muttertagsfeier von der Primaria und Secundaria zusammen.




Wobei die jüngsten Mütter (Plural) glaube ich wirklich erst 15 Jahre alt waren… Es kann einen schon ein bisschen traurig machen, wenn man sieht, wie viel schlechtere Startchancen die Kinder in Tingo Mal Paso haben – verglichen mit deutschen Kinder natürlich, aber selbst verglichen mit den Kindern hier in Oxapampa.


Ich hab wirklich Lust, jetzt mal ein paar Blogbeiträge zu Kultur, Bildung und Unterschieden zwischen Deutschland zu schreiben. Da werde ich mich, denke ich, direkt mal dransetzen, denn diese ganzen Aspekte sind hier auf dem Blog noch viel zu kurz gekommen, finde ich. Wenn wir schon mal dabei sind: Ich will auch unbedingt in einem Beitrag mal mehr auf die „psychischen“ Aspekte eines Freiwilligendienstes eingehen, weil es mich enorm stört, wie einseitig positiv solche Gap Years meistens dargestellt werden und wenn ich mir meinen Blog so angucke, dann bin ich da nicht besser.

Weiter ist während der zwei Praktikumswochen nichts besonders Außergewöhnliches passiert. Es war definitiv eine spannende Erfahrung und ich habe Peru noch mal von einer ganz anderen Seite kennengelernt und fand es auch sehr schön, mal wieder länger Zeit mit einer anderen Freiwilligen zusammen zu sein.

Verzichten können hätte ich allein auf die Unmengen an Mücken, die mich wie immer aus irgendeinem Grund ganz besonders toll fanden. An einem Tag habe ich auf meinen Beinen jeweils 100 Stiche gezählt ... Es gibt auch Fotos, aber die sind wirklich nicht schön anzusehen - es sieht aus, als hätte ich irgendeine ansteckende Krankheit. Bis die Stiche alle ganz weg sind, wird es wohl noch eine Weile dauern.


Aktuell bin ich jedenfalls dabei, mir nochmal alle Stunden in Ruhe anzugucken und sie zu optimieren, damit es dann nächste Woche (eine Woche später als geplant) hoffentlich mit dem Unterrichten in Oxa losgehen kann. In jedem Fall bin ich froh, dass sich die Arbeit schon mal gelohnt hat, jetzt, wo ich insgesamt sechs Stunden in Mal Paso gehalten habe. Ich könnte mir aber vorstellen, dass es herausfordernder wird hier in Oxapampa. Insbesondere was die Stunden betrifft, die ich dann zum ersten Mal halte und ganz besonders was die Exkursion angeht, die geplant ist. Zum Umweltbildungsprojekt wird auf jeden Fall noch mindestens ein abschließender Bericht kommen. Ich könnte auch noch mehr ins Detail gehen, was die Inhalte und den Aufbau der Stunden betrifft, aber ich bin mir unsicher, inwiefern das für Außenstehende wirklich interessant ist.

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